Eindrücke der LK-Fahrt nach Weimar

von Sascha LippkeAktuelles, Deutsch0 Kommentare

Die Schüler des Deutsch LKs führte es in diesem Jahr in die Stadt der Dichter und Denker. Nach einer doch nicht all zu kurzen Zugfahrt erreichten sie ihr Ziel. Bereits am ersten Tag wurde Weimar und seine charmante Altstadt im Rahmen einer Stadtrallye minutiös erkundet. Von der Bauhaus-Universität bis hin zu Johann Wolfgang von Goethes Gartenhaus im Park an der Ilm war alles dabei. So entstand einer guter erster Überblick über Weimar und der erste Tag neigte sich bereits dem Ende zu. Tag zwei begann mit der Besichtigung von einem der wohl wichtigsten Wahrzeichen in Weimar: Goethes Wohnhaus. Fast 50 Jahre bewohnte Deutschlands größter Dichter dieses Haus. Sowohl seine meisten Werke als auch seine Naturstudien als Universalgelehrter entstanden in diesem Haus und seinem märchenhaften Garten. Doch Weimar verdankt seine Berühmtheit nicht allein nur Goethe. Weimar war als kulturelles Zentrum Deutschlands Dreh und Angelpunkt der Weimarer Klassik. Diese literarische Epoche wurde vor allem von dem so genannten „Viergestirn“ gestaltet. Dieses Bestand aus Wieland, Goethe, Herder und Schiller.

Deutsches Nationaltheater Weimar

Wohin man in Weimar auch geht, in jeder der pittoresken Straßen und Gassen trifft man auf ein kulturelles Erbe das seines gleichen sucht. Ob Dichter, große Schriftsteller, Maler oder Philosophen, in Weimar findet man alles. Die Bibliothek der Herzogin Anna Amalia, welche am Donnerstag besichtigt wurde, ist der Zenit der Schönheit Weimars. Dort fließen Kunst, Kultur und Literatur verschiedenster Jahrhunderte und Epochen zusammen.

Rokoko-Saal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Doch nicht nur Weimars kulturelles Erbe ist von besonderem Interesse. Auch politisch hat Weimar eine reichhaltige Historie. Am 9. November 1918 wurde erstmals eine parlamentarische Demokratie im Deutschen Reich gegründet. Die Weimarer Republik. Die in Weimar unterzeichnete Verfassung enthielt bereits damals wichtige Aspekte für unsere heutige Bundesrepublik. Doch diese Verfassung enthielt auch Schwächen. Schwächen, die es einem zunächst unscheinbaren Soldaten des ersten Weltkriegs ermöglichten am 30. Januar 1933 die Macht zu ergreifen und zum Reichskanzler aufzusteigen. Innerhalb kürzester Zeit verwandelte Adolf Hitler eine demokratische Republik in einen totalitären Ein-Mann-Führer-Staat. Die schlimmsten Gräueltaten wurden in den Konzentrationslagern begangen. Diese KZs waren ein elementarer Bestandteil des nationalsozialistischen Unterdrückungsapparates. Am Mittwoch besuchte der Deutsch LK das Konzentrationslager Buchenwald, welches auf dem nur wenige Kilometer von Weimar entfernten Ettersberg lag. Nur eine Handvoll der Gebäude sind nach der Befreiung vor 79 Jahren noch erhalten. Dazu gehört das Haupttor mit dem Schriftzug „Jedem das Seine“ und direkt angrenzend die Arrestzellen. Kaum größer als winzige Abstellkammern, mit schweren Eisentüren einzig verbunden durch einen beklemmenden Gang mit schummrigen Licht. Auch das Krematorium Buchenwalds steht noch auf dem Ettersberg, mit seinem hohen Schornstein überragte es die meisten der Gebäude. Über 1000 Menschen wurden im Keller des Krematoriums erhängt, in speziellen Öfen verbrannt und ihre Asche wurde achtlos wie Abfall in der Nähe des Lagers entsorgt. Noch perfider jedoch war ein umgebauter Pferdestall. Über 8000 Menschen wurden unter dem Vorwand einer medizinischen Untersuchung hineingelockt und heimtückisch von SS-Männern mit einer Genickschussanlage ermordet. Ebenfalls erhalten sind das Desinfektionsgebäude und ein dreistöckiges Lagerhaus. Neuankömmlingen wurden sämtliche Haare abrasiert und in ein Fass voller Desinfektionsmittel geworfen. Dann mussten sie sich im Lagerhaus ihre gestreifte Häftlingsuniform und einen „Winkel“ abholen. Dieser „Winkel“ musste auf die Uniform aufgenäht werden und kennzeichnete, aus welchem Grund die Häftlinge im KZ waren. Doch das wohl furchterregendste Gefühl kommt in einem jedem hoch, wenn man mitten auf dem Ettersberg steht, den Blick über die Grundmauern und Überreste der ehemaligen Barracken schweifen lässt und sich vorstellt, wie die Tausenden Häftlinge über den Schotter und durch den Rauch des Krematoriums schlurfen. Die Vorstellung, dass direkt neben der Kultur und Schönheit Weimars eine solche Banalität des Bösen 56000 Tote forderte, ist in einem solchen Maß paradox und makaber, dass einem übel wird. Es ist kaum möglich nachzuempfinden, wie sich die Häftlinge fühlten oder was sie dachten. Aber es gibt Überreste und Hinweise, die die Zeit überdauerten. Der politische Gefangene Fritz Bodmer versteckte eine Abschrift des Buchenwaldliedes, welches die Häftlinge gezwungen waren, auf Märschen oder bei anderen Gelegenheiten zu singen, in einem Fensterrahmen. Auf dieser Abschrift findet sich ein Zitat von Friedrich Nietzsche: „Wo man nicht mehr lieben kann, da soll man vorübergehen!“  

Paul Reddemann