Q1 im Grillo-Theater

von Christoph BruecknerAktuelles0 Kommentare

„Biedermann und die Brandstifter“ im Grillo-Theater Essen –

Einige Wochen lang hatte sich der Deutsch-Leistungskurs der Q1 mit dem Drama „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch beschäftigt. Dann wurde die Unterrichtsreihe mit einem Besuch im Grillo-Theater in Essen abgerundet.

Der Autor schrieb sein „Lehrstück ohne Lehre“ bereits im Jahr 1958, seither wurde es unzählige Male inszeniert und aufgeführt. Bei einem so umfassenden Zeitraum drängt sich die Frage auf, ob bzw. inwieweit das Stück heute noch Relevanz besitzt.

Diesbezüglich hatten sich auch die Schauspieler des Grillo-Theaters unter der Leitung ihres Regisseurs Moritz Peters Gedanken gemacht, die am 17.1.2020 letztmals auf der Essener Bühne gezeigt wurden. Das Drama handelt von dem reichen Haarwasserfabrikanten Gottlieb Biedermann, der, obwohl er hinlänglich gewarnt sein müsste, Brandstifter in sein Haus lässt, weil sie ihm schmeicheln und an sein Mitgefühl appellieren und er Angst hat, sie sich zu Feinden zu machen. Ihren immer offensichtlicheren Anschlagsvorbereitungen sieht er tatenlos zu und spielt somit ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, bis es tatsächlich zur Katastrophe kommt.

Zu allererst muss die Leistung der Essener Schauspieler gelobt werden, die es zu jeder Zeit verstanden, Frischs groteske Parabel stimmig darzustellen. Ein besonderer Fokus der Inszenierung lag gleichwohl auf der Veranschaulichung aktueller Bezüge. Während Frisch seinerzeit insbesondere die Machtergreifung der Nationalsozialisten vor Augen gehabt haben dürfte, spielte Peters’ Inszenierung überdeutlich auf AFD und Pegida, aber auch den Klimawandel an – Probleme, vor denen heutige Zuschauer bisweilen die Augen verschließen.

Dies geschah modern und unterhaltsam, mit eingeblendeten Videoschnipslen und spannungsvoller Musik. Schwarze Sitzsäcke symbolisierten die Benzinfässer, welche die Brandstifter auf dem Dachboden barrikadenhaft auftürmten, um sich dahinter in Stellung zu bringen. Auch die Bühne als solches war ungewöhlich, eine übergroße Holztreppe zeigte die verschiedenen Ebenen des Hauses – und metaphorisch auch die Machverschiebungen zwischen Biedermann und den Brandstiftern. Hier war viel Bewegung und Dynamik zu erkennen, jedoch erschwerten die Lichtreflexionen der grellen Scheinwerfer, womöglich absichtsvoll, streckenweise das Zusehen.

Mehrfach wurde in Essen der Zuschauer ausdrücklich einbezogen. Kleinlaut fragte Biedermann, als er feststellte, dass bald alles verloren sein könnte, an das Publikum gewandt: „Wann haben Sie denn gemerkt, dass es sich um Brandstifter handelt? Was hätten Sie denn getan?“ Und die Brandstifter am Ende: „Haben Sie vielleicht Streichhölzer?“

Während der Chor der Feuerwehrleute – hier leicht abgewandelt von dem Hausmädchen Anna in dreifacher Besetzung verkörpert – teils als eindringlich, teils aber als aufdringlich empfunden wurde, erschien das Nachspiel in der Hölle den meisten Schülerinnen und Schülern als redundant und überflüssig, da es zu der eigentlichen Handlung nicht hinzufügte, sondern im Gegenteil deren Wirkung durch zu viel expliziten Kommentar eher abschwächte als verstärkte.

Alles in allem aber war es ein interessanter, gelungener Theaterabend in Essen, der den Zuschauer mit Fragen, Denkanstößen und einem mulmigen Gefühl zurückließ.

Schülerinnen und Schüler des Deutsch-LK Q1, Herr Hoppe